Archiv für den Monat: November 2011

Rätsel um „Top 10 Schnecke“ geklärt

Die wurmförmige, nach einer thailändischen Gottheit benannte Nackt-Schnecke Aiteng ater Swennen & Buatip, 2009 hat es als „bug eating slug“ in die Liste der “Top 10 der bizarren, neuen Arten 2010“ (International Institute for Species Exploration at Arizona State University) geschafft. Die Originalbeschreibung charakterisiert den amphibisch lebenden, insektivoren Mangrovenbewohner durch einen ungewöhnlichen Mix aus Merkmalen, die teils für Sacoglossa (Sackzüngler) und teils für Acochlidia typisch sind. Mithilfe computergestützter 3D-Mikroanatomie konnten wir die anfangs vermutete Affinität zu den Sacoglossa widerlegen, und eine Vielzahl von Acochlidien-typischen Merkmalen aufzeigen.

Aiteng mysticus from Japan; photograph by Hiroshi Fukuda

 

Zusätzlich beschrieben wir “himitsu namekuji“, eine “geheimnisvolle Nacktschnecke“ aus der Gezeitenzone in Japan, als neue Art Aiteng mysticus (s. Neusser et al., 2011). Unsere molekularen Analysen stützen die morphologischen Ergebnisse und stellen die Aitengidae in die Acochlidien-Verwandtschaft. Unterschiede in der äußeren Morphologie (z.B. völlige Abwesenheit von Kopftentakeln) und der Anatomie lassen sich mit dem Habitatwechsel erklären, den die amphibisch lebenden Aitengidae aus den ansonsten strikt aquatischen Acochlidia heraus vollzogen. Durch den integrativen Forschungsansatz wurde aus einer mysteriösen “Top 10 Schnecke“ ein schönes Beispiel für die Evolution im Tierreich.

Neusser TP, Fukuda H, Jörger KM, Kano Y & Schrödl M 2011. Sacoglossa or Acochlidia? 3D reconstruction, molecular phylogeny and evolution of Aitengidae (Gastropoda: Heterobranchia). Journal of Molluscan Studies 77: 332-350.

Swennen C and Buatip S 2009. Aiteng ater, new genus, new species, an amphibious and insectivorous sea slug that is difficult to classify [Mollusca: Gastropoda: Opisthobranchia: Sacoglossa(?): Aitengidae, new family]. The Raffles Bulletin of Zoology 57(2):495-500.

Nr. 10.000 kommt aus dem Bayerischen Wald

Nr. 10.000, die Langhornbiene Eucera longicornis.

Nr. 10.000, die Langhornbiene Eucera longicornis.

Das Tier ist eine Langhornbiene mit dem wissenschaftlichen Namen Eucera longicornis. Die Art repräsentiert die 10.000ste Probe im Teilprojekt „Bienen und Wespen“ des ehrgeizigen Projektes „Barcoding Fauna Bavarica“. Die Langhornbiene ist spezialisiert auf Blüten von Wicken und kommt zwar in Bayern vor, ist jedoch nicht sehr häufig. Das Tier mit der Nummer 10.000 wurde im Bayerischen Wald in der Nähe von Freyung gesammelt.

Mit dem Projekt “Barcoding Fauna Bavarica” erstellen Forscher der Zoologischen Staatsammlung in München eine genetische Bibliothek aller bayerischer Tierarten. Seit Projektbeginn vor drei Jahren konnten sie dabei Proben von mehr als 10.000 Hautflügler-Individuen auswerten. Diese Proben repräsentieren rund 2.000 Arten und damit ein Fünftel der deutschen Hautflüglerarten. Zu den Hautflüglern oder Hymenoptera gehören vor allem Schlupfwespen und Erzwespen, die in der biologischen Schädlingsbekämpfung oder als natürliche Gegenspieler von Schadinsekten in der Land- und Forstwirtschaft eine immense Rolle spielen.

Eine weitere sehr wichtige Gruppe der Hautflügler sind die Stechimmen. Neben den für die Bestäubung von Blüten sehr wichtigen Wildbienen und Hummeln sind das zum Beispiel  Grab-, Falten- oder Goldwespen. In Deutschland kommen etwa 1100 Stechimmenarten vor, knapp die Hälfte gehören wie die Langhornbiene zu den Wildbienen. Landschaftsökologen nutzen diese Insektengruppe als wichtige Bioindikatoren in der Naturschutzplanung und sind darauf angewiesen, diese Art schnell, kostengünstig und zuverlässig bis zur Art bestimmen zu können.